Wir machen eine Weltreise

Zur Oma wollen wir, nach Freiburg. Das dauert mit dem Auto eine Stunde und 25 Minuten – gefühlte Reisezeit: acht Stunden. Minimum. Wieso? Nun, zuerst müssen wir das Auto beladen.
Die Reisetaschen zu packen geht noch, aber bevor sie im Kofferaum verstaut werden können, müssen dem Kinderwagen die Räder abgehebelt werden und, höchste Schwierigkeitsstufe, will der schon in die Jahre gekommene Wagen zusammengeklappt sein – und zwar ohne sich die Finger einzuklemmen.
Auto fahren
Reise zur Oma (Panthermedia Bild von carbouval)
Derweil sollte der 2 –jährige Sprössling tunlichst nicht von den vorbeifahrenden Autos überfahren werden oder besser noch: schon ruhig auf seinem Kindersitz tronen und lächeln. Im Kindersitz lächeln meine Kinder aber generell nicht: Die Große beschwert sich, dass der Gurt drückt, sie nichts sehen kann und ihr überhaupt schon sehr übel sei.
Der Kleine wehrt sich mit Händen und Füßen gegen das Anschnallen, während mir ganz heiß wird, und wenn er endlich angeschnallt ist, schiebt er seine kleinen Ärmchen mit dem Geschick eines Schlangenmenschen durch die Dreiecksgurte, so dass nur noch seine Hüfte angeschnallt ist.
Wir spielen für eine Weile „Arme in die Gurte/Arme aus den Gurten“, bis ich nachgebe und bete, dass ich nicht scharf bremsen muss. Und dass mich kein Polizist anhält. Mit gesenktem Haupte ob meiner miserablen Durchsetzungsfähigkeit fahren wir dann endlich los.
Die Kinder haben Hunger und schlimmen Durst – kein Wunder, wir sind ja auch schon bei der ersten Ampel angekommen! Eine Bifi wird ausgepackt (die dünne Plastikfolie wehrt sich), Apfelschorle ausgegeben, die Kinder kauen und schweigen. Bis zur nächsten Ampel: „Wann sind wir da?“ fragt die Große von hinten rechts. „Spatzi“, sage ich, „wir haben noch nichtmal die Stadt verlassen. Schlafe ein bisschen!“
Da fällt mir ein, dass ich vergessen habe, ihr die Reisemedizin zu geben, die sie sonst schläfrig macht. Der Kleine tritt mich von hinten in den Rücken – ich hätte ihm die Schuhe ausziehen sollen. „Ruhe bewahren“, sage ich mir und atme tief durch. Wenn ich die Abfahrtszeit gut geplant habe, schläft der Kleine gleich ein. Und die Große darf mit ihrem Nintendo spielen. Davon wird ihr allerdings wahrscheinlich schlecht werden.
Eine Stunde und 30 Minuten später biegen wir bei der Oma in die Einfahrt. Es hat fünf Minuten länger gedauert als sonst, weil wir mitten im Schwarzwald überstürzt einen Rastplatz ansteuern mussten, um die Bifi und die Apfelschorle wieder aus dem Magen zu befördern.
„Wie war die Fahrt?“ erkundigt sich meine Mutter – ich hole Luft, um von unserem Höllentrip zu erzählen, aber die Kinder kommen mir zuvor:„prima!“ rufen sie und hüpfen quietschvergnügt aus dem Auto. „Nichts besonderes“, sage ich. Und das ist ja nicht einmal geflunkert.
Von Redakteurin Christine Finke