Die Mitarbeiter im kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst fordern höhere Anerkennung und mehr Lohn. Die Verhandlungen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften sind gescheitert – Eltern müssen sich in den nächsten Tagen und Wochen daher auf Arbeitsniederlegungen einstellen. Gar nicht einfach. Nachtschicht und blanke Nerven – was genau kommt da auf Mütter und Väter zu?
Ivanka (28) ist Mutter eine vierjährigen Sohnes. Sie arbeitet in Teilzeit bei einem Textilunternehmen und gründet gerade ihr eigenes Kindermodelabel. Die ersten Warnstreiks waren nicht einfach für sie. „Paul ist jeden Tag von 9 bis 16 Uhr in der Kita. Es gibt während eines Streiks zwar einen Notdienst, aber der hat verkürzte Zeiten und dann wird für mich schon alles sehr knapp, “ sagt sie. Marta (31) ist Mutter von drei Kindern, die jüngeren sind vier und ein Jahr alt und werden sechs Stunden am Tag betreut. „Es werden nur zehn von etwa 90 Kindern in der Notbetreuung aufgenommen.“ Als selbstständige Beraterin könne sie sich ihre Zeit zwar frei einteilen, einfach sei es ohne die Betreuung aber nicht gewesen. “ Ich musste meinen Tagesplan auf Links drehen.“

Auch Bella (29) musste improvisieren. Die Projektleiterin für interne Kommunikation einer Forschungsorganisation ist Mutter einer einjährigen Tochter und schreibt den Blog „familieberlin„. Zweimal wurde die Kindertagesstätte, die die Kleine sechs bis acht Stunden am Tag besucht, bisher bestreikt. Die Krippe wurde komplett geschlossen, die Notbetreuung kam für Bella nicht in Frage: „Meine Tochter war erst seit einigen Wochen in der Kita. In der Notbetreuung wäre sie mit bis zu dreißig, oft älteren Kindern und einer Erzieherin allein gewesen. Das wollte ich nicht.“ Sie nahm also jeweils einen Tag vorher Urlaub, da die Großeltern der Kleinen zu weit weg wohnen. Einfach war das auch für sie nicht, aber möglich.“ Mein Chef ist sehr verständnisvoll und selber als Vater davon betroffen gewesen.“
Alle Mütter erklären, wie wichtig ihnen das Anliegen der Erzieherinnen und Erzieher sei. „Als Eltern möchte man motivierte und gute Fachkräfte,“ sagt Ivanka. Auch Marta findet, dass der Beruf besser bezahlt werden sollte „Ich habe vor der Tätigkeit wirklich Respekt.“ Auch Bella sieht es ähnlich. „Ich habe absolutes Verständnis dafür, denn wir geben den Erziehern unsere Kinder und Vertrauen ihnen sie an. Für das Geld was sie bekommen?“
Von einer so anspruchsvollen Tätigkeit, sollten die Menschen, die sie ausüben können, gut leben können. Ohne zusätzlich jobben zu müssen. Denn viele Erzieherinnen und Erzieher haben nur Teilzeitstellen.
Welche Pflichte und Rechte haben Eltern – wenn die Kita streikt?
Da die Streiks fast immer rechtzeitig angekündigt werden, ist es Pflicht der Eltern, sich selbst auf den Betreuungsausfall vorzubereiten. Nur wenn die Arbeitsniederlegung ganz spontan kommt, gilt ein Sonderfall, laut § 616 S. 1 BGB „Wenn der Streik nicht angekündigt wurde und eine alternative Betreuung nicht machbar ist, haben Eltern einen Anspruch auf Lohnfortzahlung“, sagt Nathalie Oberthür, Rechtsanwältin und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) .„Wenn der Streik erst morgens angekündigt wird und der Vater des Kindes Zeit hat, dann muss er als Betreuungsperson einspringen.“ Homeoffice oder die Möglichkeit das Kind mit an den Arbeitsplatz zu nehmen habe nicht jeder. Dazu sind Arbeitgeber auch nicht verpflichtet.
Wichtig ist allerdings, dass der “Freistellungsanspruch” nur dann besteht, wenn sich spontan keine Betreuung für das Kind findet. Eltern müssen sich aktiv um alternative Betreuungsmöglichkeit bemühe. Wenn weder Nachbarn, Freunde, Omas oder Babysitter einspringen können wird eine Freistellung von bis zu fünf Tagen als angemessen gesehen, so Rechtsanwältin Sandra Runge auf ihrem Blog „Smart Mama„.

Wurde der Kita-Streik angekündigt ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, Eltern von der Arbeit zu befreien. Wichtig: ob bezahlt oder unbezahlt, Urlaub muss ausdrücklich vom Chef genehmigt werden. Wer nicht vorher anruft und nachfragt, riskiert eine Abmahnung.
Geld von der Kita für die ausgefallene Betreuung können Mütter und Väter übrigens meist nicht wieder bekommen, denn die meisten Satzungen und Kita-Gebührenbestimmungen enthalten “Arbeitskampfklauseln”, die Erstattungen und Schadensersatz (etwa bei zusätzliche Kosten Ersatzbetreuung) ausschließen. Versuchen sollten sie es aber unbedingt. Die Bloggerin und Juristin Nina Straßner betont: „Nur wenn die Eltern ihre Tagessätze der Betreuungsgebühren und das anteilige Essengeld bei den Trägern der Kindergärten zurückfordern, entsteht ein finanzieller Druck bei den kommunalen Arbeitgebern.“ Wer die Gebühren an Streiktag widerspruchslos zahle, „schenke“ damit indirekt den Kommune Geld und unterstütze so ungewollt die Seite der streikenden Parteien, die die Löhne der Erzieherinnen nicht erhöht. Auf ihrem Blog teilt sie einen Musterbrief, den Eltern an die Einrichtung schreiben können.
Da in den nächsten Tagen und Wochen bundesweite Streiks zu erwarten sind, sollten Eltern am besten schon jetzt überlegen, welche Alternativen sie haben. Können befreundete Kinder im Wechsel zu Hause betreut werden? Bei fünf Kindern müsste an fünf Tagen jeder Mutter, bzw. jeder Vater einmal die Kinder nehmen und könnte an vier Tagen arbeiten. Vielleicht könnten auch Omas und Opas helfen?
Wie gut sind die Streiks organisiert? Wie geht es anderen Eltern? Wir freuen uns über Kommentare!