Kosenamen für Kinder: süß oder peinlich?

Kleine Prinzessin, Kumpel, Dickerchen oder Motzmaus – viele Eltern haben Spitznamen für ihren Nachwuchs. Welche sind die Beliebtesten? Welche eher peinlich? Tut man seinem Kind überhaupt einen Gefallen mit so einer Verniedlichung und was glauben Experten, warum Eltern die Namen wählen?

Ein Besuch in der Abholungszeit eines Kindergartens oder bei einer Krabbelgruppe zeigt schnell, dass hier Eltern ihre lieben Kleinen nicht nur mit dem Vornamen, sondern auch sehr gern mit „Mäuschen“, „Schnecke“, „Hase“ oder „Spatz“ bezeichnen. Die meisten fangen sogar schon viel früher damit an, denn in Foren oder in Sozialen Netzwerken wird oft schon Ungeborenen ein Spitzname verpasst. Da ist die Rede vom „Pünktchen“, „Krümel“, „Fröschchen“ oder der „Mausebacke“. Ist das kleine Wesen dann erst geboren, scheinen sich einige Eltern so an diesen „Arbeitstitel“ gewöhnt zu haben, dass es beim Spitznamen bleibt. Oder mögen sie den Taufnamen einfach nicht?

Kosenamen als Ausdruck der elterlichen Liebe

Tatsächlich haben sich auch Wissenschaftler mit dem Phänomen der besonderen Namen beschäftigt. Dr. Jan Claas Freienstein, Experte für Deutsche Sprachwissenschaft von der Universität Augsburg, hat eine Studie zum Thema Kosenamen in Paarbeziehungen durchgeführt. Seine Erklärung dafür, dass der oder die Liebste mit einem Kosenamen angesprochen ist die, dass solche Namen Nähe und Zuneigung ausdrücken und Zusammengehörigkeit zeigen. „Kosenamen können als ‚besondere Wörter‘ aufgefasst werden, weil sie Teil einer ‚Sprache der Liebe‘ sind“, erklärt Freienstein.

Dies gilt auch in der Beziehung zwischen Eltern und Kindern. Weil die Kleinen ihren Müttern und Vätern so viel bedeuten und viel mit und über sie gesprochen wird, bekommen sie besondere Namen. Verniedlichungsformen sind hier als Zeichen der Wertschätzung zu sehen.

Welche Namen sind besonders beliebt?

Das liliput-lounge Schwester-Portal Sparbaby.de hat Eltern auf Facebook nach ihren Kosennamen für ihre Kinder befragt. Das eindeutige Ergebnis der Umfrage: so wie der Trend zu individuellen Vornamen geht, so geht auch der Trend zu eher ausgefallenen Spitznamen. Genannt wurden beispielsweise Sir Furz Alot, Graf Flatula, Luti, Schnutzelmann oder Stubbelchen. Die häufigste Nennung bekam der Klassiker Maus/Mäuschen, gefolgt von Motte, Püppi, Schatz, Hasi oder Krümel.

Besonders beliebt sind Tiernamen. Einige Namen, wie etwa Maus oder Spatz, stehen für besonders kleine, eher schutzbedürftige Tiere. Mädchen werden eher mit Mäuschen tituliert, Jungen dagegen mit Bärchen. Beliebt sind auch Hase, Frosch, Affe und Tiger. Das sind alles irgendwie flauschige, niedliche Tiere. Aber Eltern bezeichnen ihren Nachwuchs auch als Motte, Kröte oder Zicke – das klingt dann in den Ohren von Außenstehenden schon nicht mehr ganz so positiv.

Beliebte Kosenamen für Kinder (liliput-lounge.de)
Beliebte Kosenamen für Kinder (Grafik: liliput-lounge.de)

Auch Pupsi, Specki, Dicke und Hexe wirken nicht immer freundlich. Ist es tatsächlich immer nur ein familiärer Witz? Ist vielleicht auch ein wenig selbst erfüllende Prophezeiung dabei, wenn Eltern ihre Tochter als Terrorzwerg bezeichnen und dann keine liebliche Prinzessin im Kinderwagen haben? Die Wissenschaftler aus Augsburg fanden heraus, dass den meisten Menschen Spitznamen in der Öffentlichkeit peinlich sind. Aber Kinder können sich da ja meist schlecht wehren.

Spitznamen enthalten immer eine Spitze

Schwierig ist, dass Spitznamen zu Spottnamen werden können. Und für den Betroffenen eine ziemliche Qual werden. Wie niedlich, wenn das Neugeborene von seinen großen Brüdern mit „Püppi“ angesprochen wird. Wenn die 40jährige von ihrem Bruder auf einer Feier mit „Das ist Püppi, meine Schwester“, einem Fremden vorgestellt wird, ist das eher peinlich.

Ein kleines Mädchen, das immer „Dicke“ gerufen wird, hat wahrscheinlich eher mit einer Essstörung zu kämpfen, als eine „Zicke“, aber auch die hat es vielleicht nicht einfach. Spitznamen der Eltern werden auch oft von anderen übernommen. Wie mag sich ein Pupsi fühlen, wenn er im Kindergarten ist? In der Schulzeit wird das Leben mit einem Namen wie Bubu oder Specki sicher auch nicht einfacher.

Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde zu Schulzeiten „Kasi“ gerufen, abgeleitet von ihrem Mädchennamen Kasner. Ob sie den Namen mochte? Vielleicht mehr als das „Mutti“, mit dem sie heute bezeichnet wird?

Gänzlich gefeit vor Spitznamen ist sicher niemand. Selbst der kürzeste Name kann mit einem -i verkleinert werden und so wird aus Max ein Maxi und aus einer Eva eine Evi. „Spitznamen heißen nicht umsonst so, sie enthalten immer eine Spitze“, sagt Regina Birlinger, Kommunikationstrainerin und Psychologin und Kommunikationstrainerin, in einem Interview mit der FAZ. „Ein Kind, das Alexander gerufen wird, hat einen ganz anderen Start ins Leben als ein Sepp“, erklärt sie.

Kumpel-Papas und Zicken-Mamas

Gerade Eltern haben ihren Kindern gegenüber eine Verantwortung, die sie nicht ignorieren sollten, so sehen es auch andere Experten. In den USA beobachten Psychologen, dass immer mehr Eltern ihr Kind gern als „Buddy“ bezeichnen. Auch bei uns hört man, dass Väter ihre Söhne gern „Kumpel“ nennen. Doch dieser Spitzname verrät viel. Psychologin Michele Borba erklärt, dass „Buddy Parents“, also Kumpel-Eltern keine Autoritäten, sondern Freunde ihrer Kinder sein wollen. „Das wird das reinste Gift, wenn Eltern so beliebt sein wollen, dass sie keine Grenzen setzen und nicht Nein sagen mögen.“

Papa und Mama haben oft eigene Spitznamen für den Nachwuchs (© Thinkstock)
Papa und Mama haben oft eigene Spitznamen für den Nachwuchs (© Thinkstock)

Eltern, die ihre Kinder als Kumpel oder als Zicken bezeichnen sagen damit sehr viel. Vor allem über sich selbst und ihr Bild von ihrem Kind. Sicher, mal ein Schatz hier oder ein Mäuschen da, das rutscht fast jedem heraus. Aber wenn das Kind nur noch mit dem Spitznamen angesprochen wird, wenn der „kleine Mann“ mittlerweile 1,90 m ist oder die Prinzessin eine Ausbildung als Mechanikerin macht, dann ist es viel zu spät, den Namen noch zu ändern.