Ein Traditionsberuf ist gefährdet. Wie berichtet, droht den freiberuflichen Hebammen das Aus. Nicht nur die Hebammenverbände, auch viele Eltern engagieren sich mit Petitionen, mit einer Radtour und anderen Aktionen. Fast 400.000 Menschen haben die Online-Petition unterschrieben, die auch wir unterstützen. Wird es möglich sein, dass die Hebammen einen Versicherer finden, der es ihnen ermöglicht, weiter zu arbeiten? Wenn nicht, ist nicht nur ein Beruf in Gefahr, sondern auch die Wahlfreiheit des Geburtsortes und eine gute und flächendeckende Vor- und Nachsorge nicht mehr möglich.

Auch Björn Schönfeld aus dem niedersächsischen Lüneburg engagiert sich für die Hebammen. Das Gespräch mit einer befreundeten Hebamme brachte den zweifachen Vater und Fotograf auf die Idee, die Hebammen mit einer einmaligen Fotoaktion zu unterstützen.

Seit Anfang Dezember reist er durch Deutschland und nimmt Portraits von Hebammen auf. Geld bekommt er dafür nicht, er macht die Aktion die den Namen „Das erste Gesicht“ trägt, weil ihm die Unterstützung der Hebammen ein persönliches Anliegen ist. Der 32jährige hat selbst zwei kleine Kinder und weiß, wie wichtig Hebammen für junge Familien sind. „Es geht dabei nicht nur um die Geburt, das Berufsfeld der Hebammen ist sehr vielfältig und in unserer Gesellschaft wirklich wichtig. Angefangen bei den ersten Vorsorgen, über die Geburt, zur Nachsorge und im Extremen auch bei Trauerbegleitungen stehen uns diese Frauen mit allem, was sie haben, zur Seite.“ Für die eigene Familie war die Begleitung der ersten Schritte in das Elternsein durch die Hebamme sehr wichtig. Und unverzichtbar.
Wichtig ist für Björn Schönfeld, dass seine Frau Daniela voll hinter ihm und der Aktion steht. Immerhin kostet sie viel Zeit. Denn der Fotograf reist quer durch die Republik, hat mittlerweile eine Internet- und auch eine Facebookseite mit mittlerweile fast 15.000 „Likes“. Doch die Aktion wird noch größer.
„Ich möchte dazu beitragen, dass dieser Berufstand sichtbar wird, ein Gesicht bekommt“, sagte er der liliput-lounge. „Diese Frauen verdienen wirklich Wertschätzung und positive Bilder.“ Ab Anfang Mai werden die vielen Gesichter der Hebammen nun sehr groß zu sehen sein. In ganz Deutschland werden zehn Tage lang etwa 5680 Plakate hängen – und dank Sponsoren werden es richtige Großflächenplakate von neun Quadratmetern sein, die Werbefläche wird gestellt und auch die Druckkosten von rund 30.000 Euro werden gesponsert. Damit ist den Hebammen Aufmerksamkeit gewiss!
Die Portraits von Schönfeld sind so vielfältig wie die Frauen, die Hebammen sind. Es sind junge und alte Geburtshelferinnen zu sehen. Frauen, die in Kliniken arbeiten und Frauen, die sich in Geburtshäusern engagieren. Jede Hebamme hat auch ein wenig über sich verraten und genau, dass macht auch den Reiz der Aktion aus. Sie zeigt, wie vielseitig dieser Beruf ist und verdeutlicht, welche Gesichter Babys als erstes auf der Welt erblicken. Hier ein winziger Ausschnitt:

Anna aus Hamburg: „Ich bin 32 Jahre alt, selber Mutter von einem Kind und zum 2. Mal schwanger. Mich erfüllt es, Familien in dieser besonderen Zeit ihres Lebens zu begleiten und ich bin fasziniert von dem Wunder und der Schönheit des Lebens, wie es sich in jedem Neugeborenen zeigt. Es macht mich glücklich zu erleben, wie Frauen während der Geburt ihre eigene Kraft entdecken und sie im Wochenbett darin zu bestärken ihrer Intuition zu vertrauen und ihrem Kind Liebe und Geborgenheit zu geben.“

Heike aus Lüneburg: „In meinen Leben habe ich 12 Jahre lang Hausgeburten begleitet und zudem das Geburtshaus in Lüneburg mit eröffnet. Nach einem Praktikum fand war ich Feuer und Flamme für diesen Beruf und bin mit Leib und Seele Hebamme. Mit großem Herz-Schmerz habe ich die Geburtshilfe aufgegeben und mache mittlerweile „nur“ noch Schwangerenbetreuung, Wochenenbetten, Stillberatung und Naturheilkunde. Hebammen sind wirklich wichtig, denn es ist für viele junge Familien nicht einfach, einen guten Start ins Familienleben zu schaffen.“

Renate aus Bonn: „Ich bin 52 Jahre alt, verheiratet, Mutter einer 27 Jährigen Tochter und Großmutter. Ich arbeite seit 20 mit derselben Kollegin zusammen in der außerklinischen Geburtshilfe in Bonn. Ich freue mich, die so sehr verschiedenen Frauen dort abzuholen, wo sie stehen und sie mit Verständnis und Empathie in Ihrer eigenen Kraft und Stärke zu unterstützen, sie in dem Prozess des Elternwerdens zu begleiten.. Das Schönste für mich ist, in die tiefen, weisen Augen der Neugeborenen und in die stolzen Augen der Mütter und Väter zu schauen.“

Isabel aus Worms: „Ich bin 27 Jahre und habe vor 10 Jahren, an einem Freitag, den 29.10.2004 beschlossen, dass ich Hebamme sein muss. Dieser Freitag, war der Tag an dem ich mit offenem Mund und staunendem Herzen meine allererste Geburt miterlebt habe. Damals als Praktikantin, die einen einzigen Tag in den Kreißsaal schnuppern dürfte. Als die Zwillinge auf natürlichem Weg geboren wurden, wusste ich: Das muss ich auch machen. Hier gehöre ich hin, an den Anfang des Lebens.
Ich habe seit diesem Tag viele Geburten erlebt, und ich habe dieses Wunder bis heute niemals ganz durchschaut. Dieser Moment, wenn der Himmel für einen Moment die Erde küsst, wenn eine Mutter ihr Kind zu sich nimmt und sich die beiden, die doch so lange und innig verbunden waren und sind das erste Mal in die Augen schauen. Das ist Magie, das ist Zauber. Und es ehrt und berührt mich zutiefst, wenn ich dabei sein darf.“

Dorothée aus Berlin: „Ich habe bisher 1.200 Geburten betreut. Meine Eltern haben mich bestärkt darin, Hebamme zu werden, da meine Mutter das Anfang der 80er Jahre sehr interessiert verfolgt hat, wie sich der Hebammenverband angefangen hat zu formieren und für Aufklärung zu sorgen. Da war ich 13 – und das war der Funke, der gezündet hat. Ich bin seit 11 Jahren Beleghebamme in der 1 zu 1 Betreuung, davor habe ich 8 Jahre im Schichtdienst im Krankenhaus gearbeitet. Ich mache auch Vor- und Nachsorge. Ich finde es einen unglaublich schönen Moment, wenn ein Mensch geboren wird – und liebe es, dabei zu sein und der Familie in einem würdigen Rahmen beizustehen. Mir ist ganz wichtig, dass auch die jüngeren Menschen, die Generation meiner Tochter, ebenso wie wir auch weiterhin die Möglichkeit haben, den Geburtsort frei zu wählen.“

Susanne aus Achersleben: „Ich bin 44 Jahre liebe das Leben meine Familie und meine Arbeit. Ich habe zwei erwachsene Söhne, eine 13 jährige Tochter, ein Kind im Herzen und seit Oktober letzten Jahres bin ich Großmutter. Seit meinem Examen 2006 arbeite ich ausschließlich freiberuflich. Meine wirklichen Lehrmeisterinnen waren und sind die Frauen, die ich zu Hause und in meinem kleinen Geburtshaus begleiten durfte und darf. Mit der Liebe zu meinem Beruf, bin ich dem Leben auf der Spur. Das ist meine Passion. Hebammen sind und bleiben die Fachfrauen, sie sind in der Lage die Frauen auf ganz besondere Weise, mit Respekt und Würde in einem .“
Mehr über die Aktion und viele, viele wunderbare Portraits sind auf der Website „Das erste Gesicht“ zu sehen.